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Spezielle Kompetenzen

05.02.2024 17:53 | Christian Walther

Das Bundesverwaltungsricht hat bereits am 26.01.2023 ein wegweisendes Urteil zur Kompetenzabgrenzung zwischen Luftverkehrsrecht und Naturschutzrecht gefällt. Das Urteil ist in diesen Tagen auf der Internet-Seite des Bundesverwaltungsgerichts (Az.: 7 CN 1.22) allgemein zugänglich gemacht worden.

Kurz zum Sachverhalt:

Es hatte eine Ballonfahrerin geklagt, weil es ihr durch eine Naturschutzsatzung verboten worden war, über einem Naturschutzgebiet durch die Luft zu fahren. Das Bundesverwaltungsgericht gab der Ballonfahrerin recht. Das Luftverkehrsrecht schließe Flugbeschränkungen aus, die auf das Naturschutzrecht gestützt werden. Grundlage für Flugbeschränkungen müsse stets das Luftverkehrsrecht sein.

Das Besondere an dieser Entscheidung:

Mit dem Urteil wird ein schon lang währender Streit beendet, ob insbesondere in Naturschutzsatzungen Regelungen enthalten sein können, die final in den Luftverkehr hineinwirken. Dem wurde vom Bundesverwaltungsgericht eine sehr deutliche Absage erteilt. 

  • "Eine Naturschutzbehörde ist nicht befugt, Gebiete mit Flugbeschränkungen für Luftfahrzeuge im Wege einer Naturschutzgebietsverordnung anzuordnen. Eine diesbezügliche Sperrwirkung folgt aus dem Regelungskonzept des Luftverkehrsgesetzes. Hierdurch hat der Bund von seiner ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG für das Luftverkehrsrecht Gebrauch gemacht." [Rz. 5 des Urteils]
    Diese Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts ist insbesondere insoweit bemerkenswert, als nicht von bestimmten Luftfahrzeugen gesprochen wird, sondern von allen Luftfahrzeugen. Daher gilt das erkannte Beschränkungsverbot (zunächst) auch für Flugmodelle, die gem. § 1 Abs. 2 Nr. 9 LuftVG zu den Luftfahrzeugen gehören (Genaueres folgt noch weiter unten).
  • "Soweit Maßnahmen originär und unmittelbar den Luftverkehr betreffen, bleibt es bei der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Maßgabe des Art. 71 und 73 GG und deren Ausfüllung durch das Luftverkehrsgesetz." [Rz. 15, drittletzter Satz des Urteils]
    Diese Feststellung trifft das Bundesverwaltungsgericht, um das vielfach verwendete Argument zu entkräften, der Zweck, die Natur zu schützen, erlaube es dem Naturschutzrecht, auch luftrechtliche Beschränkungen zu regeln. Die Sperrwirkung des Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG (vgl. oben) verhindert eben genau dies.
  • "Auf der Grundlage von § 17 LuftVO kann ausreichender Schutz naturschutzrechtlicher Belange gesichert werden. Danach legt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Luftsperrgebiete und Gebiete mit Flugbeschränkungen fest, wenn dies zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Sicherheit des Luftverkehrs erforderlich ist. [...] Soweit in dem Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 16. August 2016 die Auffassung vertreten wird, es sei nicht Aufgabe des Bundesministeriums, naturschutzrechtliche Verbote und Absicherungen eines Natura2000-Gebiets sicherzustellen, folgt ihr der Senat nicht." [Rn. 18 des Urteils]
    Dies gilt grundsätzlich auch im Bereich der unbemannten Fluggeräte. Dort ist es allerdings gem. § 21h Abs. 4 LuftVO dem Bundesministerium vorbehalten, geographische Gebiete (gem. Art. 15 DVO (EU) 2019/947) festzulegen. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass im Bereich der unbemannten Fluggeräte gem. § 21h Abs. 3 Nr. 6 LuftVO der Betrieb von UAV (abgesehen von dort geregelten Ausnahmen) in Schutzgebieten der Natur grundsätzlich von der Zustimmung der zuständigen Naturschutzbehörde abhängig ist. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass zu den in § 21h Abs. 3 Nr. 6 LuftVO genannten Schutzgebieten Landschaftsschutzgebiete i.S.v. § 26 BNatSchG, Naturdenkmähler i.S.v. § 28 BNatSchG und/oder Geschützte Landschaftsbestandteile i.S.v. § 29 BNatSchG nicht zählen. Daraus folgt, dass insoweit die allgemeine Kompetenzordnung aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG und Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG nicht durchbrochen ist. Oder einfach ausgedrückt: Auch im UAV-Bereich kann das Naturschutzrecht jenseits der in § 21h Abs. 3 Nr. 6 LuftVO explizit aufgelisteten Schutzgebiete keine Flugbeschränkungen statuieren. Dies ist und bleibt dem Luftverkehrsrecht vorbehalten. Damit sind etwa Landschaftpläne, wie dieser von der Stadt Köln erlassen worden ist, jedenfalls hinsichtlich ihrer finalen Verbotsregelungen zum Modellflugbetrieb in Landschaftschutzgebieten (vgl. Seite 181 des kölner Landschaftsplans, dort die Verbots-Nr. 12, 13) oder Geschützten Landschaftsbestandsteilen (vgl. Seite 438 des kölner Landschaftsplans, dort ebenfalls die Verbots-Nr. 12) rechtsfehlerhaft und rechtswidrig. Der satzungsgebenden Stelle fehlt zum Erlass solcher finalen Naturschutzregelungen im Luftverkehr (Modellflug ist Luftverkehr, vgl. § 1 Abs. 2 LuftVO) schlicht und einfach die sachliche Zuständigkeit, die nämlich insoweit ausschließlich bei der Luftverkehrsverwaltung liegt. (Im Übrigen darf der Hinweis hier nicht fehlen, dass der Modellflug die ihm unterstellte Stör- oder Beeinträchtigungswirkung überhaupt nicht hat; dies ist aber noch einmal ein anderes umfassendes Thema.)
  • "Soweit das Oberverwaltungsgericht Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht für seine Auffassung einer zulässigen Doppelzuständigkeit anführt, [...] betreffen diese Entscheidungen die Genehmigung eines Modellflugplatzes (4 C 36.82), eine Aufstiegserlaubnis zum Betrieb von Flugmodellen (4 B 73.86) und die Untersagung des Betriebs von Segelflugmodellen durch eine Naturschutzbehörde (4 B 94.86). Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesen Entscheidungen nicht die Befugnis von Naturschutzbehörden, luftverkehrsbezogene Maßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu erlassen, bejaht. Vielmehr hat es die Frage, ob eine Naturschutzbehörde auf dem Gebiet des Luftrechts tätig werden dürfte ausdrücklich vereint (BVerwG, Beschluss vom 4. Juni 1986 - 4 B 94.86 [...]). [Rz. 24 des Urteils]
    Damit stellt das Bundesverwaltungsgericht bemerkenswert deutlich klar, dass es auch schon früher keine anderweitige Rechtsprechung zur Zuständigkeitsaufteilung zwischen Luftverkehrsverwaltung und  Naturschutzbehörden gegeben hat. Soweit die frühere Rechtsprechung im früheren erlaubnisfreien Modellflugbetrieb (also insbesondere in Ansehung des Betriebs von Flugmodellen mit einer geringeren max. Startmasse als 5 kg) ein Tätigwerden der Naturschutzbehörden für zulässig erachtet hatte, fusste dies auf dem Umstand der Erlaubnisfreiheit des Modellflugs im damaligen Luftverkehrsrecht. Insoweit sei im Luftverkehrsrecht eben keine Handhabe für den Modellflugbetrieb vorhanden gewesen, naturschutzrechtliche Belange um- bzw. durchzusetzen, wie es im erlaubnisbedürftigen Bereich per Auflagen und Nebenbestimmungen in einer Aufstiegserlaubnis möglich war. 
    Insoweit darf bemerkt werden, dass es nach dem nun aktuell geltenden Modellflugrecht gem. § 21f und 21g LuftVO keinen erlaubnisfreien Modellflugbetrieb im Verbandsrahmen mehr gibt. Denn der Modellflug im Verbandsrahmen ist gem. Art. 16 DVO (EU) 2019/947 in der sog. Speziellen Kategorie abgebildet und bedarf in Deutschland stets einer sog. Verbandsbetriebserlaubnis gem. § 21g LuftVO. Modellflug im Verbandsrahmen kann daher aktuell nicht mehr "erlaubnisfrei" stattfinden, so dass die frühere Rechtsprechung für ein zulässiges Tätigwerden der Naturschutzbehörden im aktuellen Rechtsrahmen keinen Anwendungsbereich mehr haben kann.

Fazit:

Es bleibt abzuwarten, bis die ersten Modellflugsportler die rechtswidrigen Modellflugverbote z.B. in Landschaftsschutzsatzungen gegen sich nicht mehr gelten lassen wollen. Die materiell-rechtlichen Chancen in einem Rechtsmittelverfahren gerichtet auf Aufhebung dieser Modellflugverbote dürften als sehr erfolgsversprechend zu bewertet sein.

Urheber: Christian Walther
Urheber: Christian Walther