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Spezielle Kompetenzen

09.10.2024 15:36 | Christian Walther

- Parallel veröffentlicht in FMT 11.2024 -

Der “Modellflug im DAeC” hat mit fachlicher Unterstützung und Zuarbeit des Modellflugsportverband Deutschland e.V. (MFSD) zuletzt viele Naturschutzämter in ganz Deutschland angeschrieben. 

Anlass waren und sind die zahlreichen Modellflugverbote und -beschränkungen in Schutzsatzungen für Landschaftsschutzgebiete, Naturschutzgebiete, Vogelschutzgebiete und andere Schutzgebiete.

Nach Ansicht des “Modellflugs im DAeC” und des MFSD sind diese Modellflugverbote und -beschränkungen ausnahmslos unzulässig und rechtswidrig, weil die erlassenden Naturschutzstellen sachlich und fachlich nicht legitimiert sind, solche Verbote oder Beschränkungen in ihren Schutzsatzungen zu erlassen.

Die Bestimmung solcher luftrechtlicher Verbote und Beschränkungen ist ausschließlich der Luftverkehrsverwaltung vorbehalten, wie im Januar 2023 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig anschaulich geurteilt hat (vgl. Urteil vom 26.01.2023, Az.: 7 CN 1.22). Im Leitsatz dieses Urteils heißt es (hier zur besseren Verständlichkeit ohne Paragraphen zusammengefasst):

  • Eine Naturschutzbehörde ist nicht befugt, Flugbeschränkungen für Luftfahrzeuge im Wege einer Naturschutzgebietsverordnung anzuordnen. Mit den Luftverkehrsgesetzen und -verordnungen ist und wird der Luftverkehr abschließend (auf Bundesebene) geregelt.
  • Diese abschließenden (Bundes-)Luftverkehrsregelungen können auch nicht durch FFH- oder Vogelschutzrichtlinien durchbrochen oder ergänzt werden.

Damit ist klar: Naturschutzsatzungen oder -verordnungen (jeder Art) können auch keinerlei Modellflugverbote oder Modellflugbeschränkungen enthalten oder aufstellen. Entsprechende Verbote und Beschränkungen sind rechtswidrig.

Die überwiegende Zahl der angeschriebenen Naturschutzbehörden hat gegenüber dem “Modellflug im DAeC” bzw. dem MFSD bestätigt, dass das genannte Urteil in diesem Sinne verstanden werden muss. In diesem Sinne würden die entsprechenden Modellflugverbote und/oder -beschränkungen ab sofort nicht mehr verfolgt und auch Verstöße bis auf Weiteres nicht mehr als Ordnungswidrigkeiten verfolgt. Zur Korrektur der entsprechenden Satzungen oder Verordnungen müsse allerdings ein bestimmtes Verfahren eingehalten werden. Dies werde angestoßen, brauche aber jeweils seine Zeit. Dies ist in unseren Augen ein sehr erfreuliches Ergebnis!

Einzelne Rückmeldungen haben aber auch Bedenken geäußert.

1. Keine Aussage für unbemannte Luftfahrt

Da in dem genannten Gerichtsverfahren eine Ballonfahrerin gegen Beschränkungen in einer Naturschutzsatzung geklagt hatte, sei das Urteil nur für den personentragenden Luftverkehr aussagefähig. 

Dieser Schluss ist unzutreffend, denn die Urteilsbegründung bezieht sich in ihrer sachlichen Argumentation an keiner Stelle ausschließlich auf den personentragenden Luftverkehr sondern stets auf den gesamten Luftverkehr, zu dem auch die unbemannte Luftfahrt gehört und als Teil davon eben auch der Betrieb von Flugmodellen. Dies drückt auch der Leitsatz des o.g. Urteils aus, indem dort das Gericht ganz allgemein davon spricht, dass “Flugbeschränkungen für Luftfahrzeuge” in Naturschutzgebietssatzungen nicht wirksam angeordnet werden können. Der Leitsatz bezieht sich also auf alle Luftfahrzeuge, zu welchen ebenso Flugmodelle zählen (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 9 LuftVG).

2. Zustimmungserfordernis aus § 21h Abs. 3 Nr. 6 LuftVO

Auch wird eingewendet, dass nach § 21h Abs. 3 Nr. 6 LuftVO insbesondere der Betrieb von Flugmodellen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der zuständigen Naturschutzbehörde erlaubt sei. Mit einem Modellflugverbot oder einer Modellflugbeschränkung in einer Schutzsatzung oder -verordnung werde diese Zustimmung entweder verweigert oder an einzuhaltende Kriterien gebunden. 

Dieser Einwand trägt jedoch nicht. 

  • Denn das erwähnte Zustimmungserfordernis in der LuftVO enthält keine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer (allgemein geltenden) Schutzsatzung oder -verordnung. Es enthält einzig und allein das Erfordernis, dass in jedem Einzelfall die Zustimmung zum Betrieb eingeholt werden muss. Nur bei Vorliegen einer solchen Anfrage, ist die Behörde berechtigt und verpflichtet, die Erteilung ihrer Zustimmung zu prüfen. Dabei sind die Verhältnisse des Einzelfalls - also des konkret beabsichtigten Modellflugs mit den konkreten Belangen des Schutzgebiets - zu bewerten und abzuwägen. Stehen keine Schutzbelange entgegen, besteht ein Rechtsanspruch auf Zustimmungserteilung (für den geprüften Einzelfall). Abstrakt-generelle Zustimmungskriterien - wie sie in einer Satzung oder Verordnung Gegenstand sind - darf die Behörde in diesem Zusammenhang nicht aufstellen. Sie muss sich mit jedem an sie herangetragenen Einzelfall befassen.
  • Im Übrigen bezieht sich das erwähnte Zustimmungserfordernis in § 21h Abs. 3 Nr. 6 LuftVO nur auf die dort genannten Schutzgebiete, z.B. Naturschutz- und FFH-Gebiete. Das Zustimmungserfordernis bezieht sich somit insbesondere nicht auf Landschaftsschutzgebiete. Gleichwohl meinen verschiedene Behörden, dass das Zustimmungserfordernis auch in Landschaftsschutzgebieten gelte und dementsprechend auch in Landschaftsschutzgebietssatzungen Modellflugverbote oder -beschränkungen aufgestellt werden könnten. Das ist jedenfalls unzutreffend, da dies gegen den eindeutigen Wortlaut und offenkundigen Regelungsinhalt von § 21h Abs. 3 Nr. 6 LuftVO verstößt.

3. Nachrangigkeit des Luftverkehrsrechts hinter dem Naturschutzrecht

Schließlich wird behördenseits postuliert, dass das Naturschutzrecht dem Luftverkehrsrecht im Bereich des unbemannten Luftverkehrs vorgehe. Dies wird aus § 21i Abs. 3 LuftVO für den Betrieb von jeglichen UAVs sowie aus § 21f Abs. 7 LuftVO speziell für den Betrieb von Flugmodellen abgeleitet. In diesen beiden LuftVO-Regelungen heißt es:

“Schutzvorschriften [...] insbesondere des Bundesnaturschutzgesetzes [...] sowie das Naturschutzrecht der Länder [...] bleiben unberührt.”

“Bleiben unberührt” ist die juristische Formulierung für “sind anzuwenden”.

Entgegen dem Behördenpostulat wird mit dieser Regelung das Luftverkehrsrecht für den UAV- und Modellflugbereich insbesondere nicht dem Naturschutzrecht des Bundes und/oder der Länder nachgeordnet, sondern nur speziell darauf hingewiesen, dass neben den luftrechtlichen Anforderungen auch die Anforderungen des Naturschutzes zu beachten sind. Damit sind die allgemeinen Anforderungen des Naturschutzes gemeint, die für jedermann gelten (was in dieser Form im übrigen Luftverkehr außerhalb des UAV-Bereichs nicht gilt). Dieser Beachtungsaufruf war dem Gesetzgeber im UAV-Bereich deshalb wichtig, weil der UAV-Luftverkehr anders als der übrige Luftverkehr in der Regel bodennah und damit ggf. in unmittelbarer Nähe zu Naturschutzgütern und -belangen stattfinden kann. Die Regelung richtet sich also an die UAV-Betreiber. Ihr kann kein Inhalt entnommen werden, dass das Luftverkehrsrecht im UAV-Bereich dem Naturschutzrecht nachgeordnet ist, oder sogar die entsprechenden Rechtsetzungsstellen im Naturschutzrecht Regelungen erlassen dürfen, die den Bestimmungen des Luftverkehrs vorgehen und den Luftverkehr damit (final) regelt. 

In Klärung

Die vorgebrachten Bedenken werden ganz offenbar von den jeweiligen Behörden selbst nicht für wirklich durchgreifend gehalten. Aus diesem Grund sind die Fach- und Rechtsaufsichtsbehörden eingeschaltet worden, um die aufgeworfenen Fragen zu behandeln. Diese Aufsichtsbehörden haben diese Thematik dem Vernehmen nach ihrerseits an die Oberbehörden weitergeleitet, um insoweit eine einheitliche Lösung zu erarbeiten. Derzeit gehen der “Modellflug im DAeC” sowie der MFSD davon aus, dass im kommenden Jahr eine endgültige Klärung zugunsten des Modellflugs erwartet werden kann.

Urheber: Christian Walther
Urheber: Christian Walther